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  • mr-pinchback

    Mitglied
    23. September 2024 um 14:25

    Hallo zusammen,

    mit meiner Erfahrung als Berechnungsingenieur für Strömungsmechanik kann ich evtl. etwas zur Frage beitragen das u.U. hilfreich ist.

    Eigentlich müsste ich jetzt hier anfangen und eine sehr lange Herleitung darbieten, warum bestimmte Dinge so sind. Das würde in einer Vorlesung in Strömungslehre und Thermodynamik münden, aber das spare ich mir – und euch auch-.
    Also glaubt mir einfach mal was ich hier schreibe, ich werde noch am Ende ein paar hilfreiche Links mitgeben.
    Einfachste Erklärung:
    Ob Fluidströmung oder Stromkreis, die Beziehungen der Größen im System sind ähnlich und damit auch die Nomenklatur. Stromkreis ist einleuchtender und damit einfacher zu verstehen. Jedem sollte der Begriff des Widerstands geläufig sein und was dort im Stromkreis passiert. Kurz und knapp, man kann an jedem Widerstand einen Spannungsabfall beobachten.

    Folgendes Gedankenexperiment:
    Von meiner Unterverteilung geht ein dickes 5-adriges Kabel mit 6mm² Leiterquerschnitt weg; dies ist mit 16A abgesichert. An dessen Ende ist eine rote CEE Kraftstromsteckdose angebracht. An diese schließe ich jetzt ein Verlängerungskabel mit einem Leiterquerschnitt von 1,5mm² an. Und dort wiederum eine Wärmepumpe mit einer Anschlussleistung von 10kw. Jeder weiß auf was ich hinaus will…..
    Der Sicherungsautomat wird – hoffentlich – fallen, weil das Verlängerungskabel über Gebühr warm wird, weil der Innenwiderstand und damit auch der Strom ansteigt.
    Der Querschnitt des Kabels ist zu gering, um den Strom zu transportieren.
    Ganz genau so verhält es sich auch in einem Rohrleitungssystem, jede Krümmung stellt einen Einzelwiderstand dar. Und auch jedes gerade Stück hat einen Widerstand. Selbst in einem absolut geraden Rohrstück existiert ein Druckabfall längs des Strömungsweges (adiabatisch).

    Diesen Rohrwiderstand drückt „Rt“ aus. Die Formel ist relativ einfach: (8*λ*ρ*l)/(π^2*d^5).
    Wobei ρ (Rho) die Dichte von Wasser darstellt und λ (Lambda) die dimensionslose Rohreibungszahl. Den größten Einfluss auf das Ergebnis hat aber der Rohrdurchmesser „d“, welcher mit der fünften Potenz (!) eingeht.
    Denn ähnlich wie beim Strom bedeutet dies, dass der Widerstand durch einen größeren Strom ausgeglichen werden muss, soll die Spannung aufrechterhalten werden.
    Bei einem Widerstand drückt dies die Verlustleistung aus, plakativ gesprochen eine alte 100W Birne (Leuchtmittel) welche eigentlich nur Wärme produziert.
    Im Falle der Rohrströmung lässt sich dies in der Pumpenleistung ausdrücken die notwendig ist, um den Volumenstrom zu erhalten.
    Konkret bedeutet dies:
    Der Aussendurchmesser der zu vergleichende Rohre ist 50mm gegen 63mm. Diese entsprechen 45.2mm, bzw. 57mm Innendurchmesser.
    Da alle anderen Parameter gleich sind vergleiche ich nur die Innendurchmesser. Im Ergebnis zeigt sich, dass der Widerstand mit einem 50mm Rohr 3.18 mal höher ist im Vergleich zu einem 63mm Rohr, womit auch bei gleichem zu erzielendem Volumenstrom die mehr als dreifache Verlustleistung einzurechnen ist.
    Bei der Auswahl der Pumpe muss man dies mitberücksichtigen. Durch den Widerstand des Filterbehälters mit seinem Medium (Sand, Polymer etc.) kann man grob mit 1 Bar rechnen, was 10m Förderhöhe entspricht. Die üblich zu findenden 8m Wassersäule für den Filter geht von optimaler Durchströmung, dh. sauberem Filtermedium aus. Real wird das sich sehr schnell relativieren und selbst mir häufigem Rückspülen wird der Ausgangszustand nicht mehr erreicht werden. Zusätzlich die statische Förderhöhe, wenn die Pumpe tiefer als die Einlaufdüsen aufgestellt ist. Gehen wir mal von einem Wert von 1m aus, so landen wir bei 12m Förderhöhe, welche die Pumpe ohne Systemverluste bringen muss.
    Bei einer Beckengröße von 24m² und einer angestrebten Umwälzung von 8m²/std kann man nun einfach in der Pumpenkennlinie ersehen, ob das die Pumpe zu leisten im Stande ist.
    Nun kommen aber die ganzen Widerstände der Verrohrung, Wärmepumpe und allgemeiner Installation hinzu. Hier darf man sich nichts vormachen, jede Verklebung ist Strömungstechnisch blanker Horror, weil entweder an der Stoßstelle eine Nut entsteht wenn die zu verbindenten Teile nicht korrekt ineinandergeschoben wurden, oder – noch schlimmer – der PVC – Kleber hat sich nach innen durchgedrückt und eine wunderbare innen umlaufende Kleberaupe gebildet (wahrscheinlich der häufigere Fall). Von „hydraulisch glatt“ kann hier keine Rede mehr sein. Jede dieser Verbindungsstellen kann man mit ca. 2-5cm zusätzlicher Förderhöhe gleichsetzen. Dazu kommen die Widerstände der Rohrkrümmer selbst.
    Bitte – wenn möglich – immer die großen Radien bei den Krümmern benutzen, diese kleinen Kniewinkel verursachen unnötige Turbulenzen nach dem Krümmer welche Energie in der Strömung fressen (Turbulenzen sind gekennzeichnet durch Bewegungen der Fluidteilchen quer zur Hauptströmungsrichtung und demnach Energiedissipativ).

    Unter diesem Link kann sich jeder selbst mal ein Bild machen wie es um seine Strömungswiderstände bestellt ist:

    Berechnung Druckverlust einer Rohrleitung mit verschiedenen Komponenten (schweizer-fn.de)

    Ein 50er Rohr generiert zb. lt. diesem Rechner bei 24m Länge eine zusätzliche Förderhöhe von 1.14m, wobei ein 63er Rohr nur 0.36m mehr zusätzlich verlangt.

    Ich selbst habe im Hauptstrang 63er Rohre verbaut und im Bypass zu WP und Wasseraufbereitung 50mm. Falls Interesse besteht, kann ich gerne mal die Anlage vorstellen.

    Und wer’s noch genauer wissen will:

    Druckverlust in Rohrsystemen (Rohrreibungszahl) | tec-science

    Herleitung der Bernoulli-Gleichung | tec-science